Wie sind Sie in die Schweiz gekommen?
Biographie eines Ägypters in der Schweiz. AME ist vor über 40 Jahren, als Student an die Zahnklinik der Uni Zürich, in die Schweiz eingewandert, fand sein privates und berufliches Glück und lebt als eingebürgerter, aktiver Schweizer mit ägyptischen Wurzeln in Luzern. Immer bewegt ihn der Wunsch, Brückenbauer zu sein zwischen den Kulturen, Religionen, Nationen und Menschen. Er erzählt seine interessante Geschichte.
Auszug aus einem Kapitel
Die binationale, bikulturelle Ehe und Familie
In der Schweiz wird die Familie so definiert: «Familien setzen sich zusammen aus Personen von zwei oder mehr Generationen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben». Die Familie ist also eine kleine Gruppe von Menschen, die sich langfristig auf einen gemeinsamen Lebensweg begeben haben. Die Familie ist die kleinste Einheit der Gesellschaft, die Geborgenheit für alle und Schutz für die Kinder bieten sollte. Der Begriff der Familie ist immer auch geprägt durch kulturelle, geschichtliche, religiöse und andere weltanschauliche Gegebenheiten.
In orientalischen und islamischen Ländern wird die Familie definiert als der wichtigste Grundstein der islamischen Gesellschaft. Diese Tatsache ist in den Verfassungen und dem jeweiligen Zivilrecht der meisten islamischen Länder festgeschrieben. In der Präambel der allgemeinen islamischen Menschenrechtserklärung von 1982 heisst es: «Dass die wahre islamische Gesellschaft eine Gesellschaft ist, welche die Familie als Kern der Gesellschaft betrachtet, sie schützt und achtet und in jeder Weise für ihren Bestand und Entwicklung sorgt». Artikel 19 dieser Erklärung befasst sich mit: «Das Recht auf Gründung einer Familie und die Ehe ist die Grundlage ihrer
Bildung» und Artikel 20: «Die Rechte der Frau». Zum Beispiel: «Rechte in Bezug auf die Kosten für die Kindererziehung nach der Scheidung, Erbrecht, Recht auf Vertraulichkeit und eigenes Vermögen».
Der Begriff Familie in islamischen Ländern umfasst einen viel grösseren Verwandtschaftsverband. Sie erstreckt sich nicht selten über drei bis vier Generationen mit ihren Kindern und Kindeskindern und umfasst auch Grosseltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins, die nicht selten auch als Brüder und Schwestern bezeichnet werden. Auch andere Verwandte und Freunde können zur Familie gehören. Der Familiensinn ist in dieser Kultur sehr viel ausgeprägter, was sich in Form von häufigen Familienbesuchen und grosser Gastfreundschaft, dem Aufnehmen von kranken oder armen Verwandten äussert und in der Beteiligung an der Kindererziehung. Je mehr Personen zur Familien gehören und je mehr Ansprüche an die Familie gestellt werden, desto mehr Meinungen
und Ansichten können entstehen. Sowohl in der Schweiz wie im Orient unterliegt dieses Verständnis der Familie heute einem Wandel und vielen Änderungen. Wie ich in Kapitel 2 erwähnte, wohnten wir mit den Grosseltern und dem Onkel mit seiner Familie zusammen. Wir waren 15 Personen, die zueinander gehören und gemeinsam unter einem Dach, in einer Wohnung lebten. Und immer kamen Verwandte, Freunde und Bekannte auf Besuch.
Kindererziehung in orientalischen Familie ist nicht nur Aufgabe der Eltern allein, sondern von allen. Meine Onkel, Grosseltern, Tanten und andere Verwandte trugen einen Teil zu meiner Erziehung bei. Das System hat den Vorteil, dass die Eltern hie und da von der Kinderbetreuung entlastet sind. Es reden aber viele bei der Kindererziehung mit und die Kinder gehören damit der ganzen Familie.
Hier in der Schweiz gehören die Kinder ihre Eltern und sie sind fast 100 Prozent für ihre Erziehung zuständig. Das bedeutet eine grosse Belastung, Stress und Kosten, vor allem wenn die Ehefrau auch noch berufstätig ist.
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